Fressen, Kunst und Puderquaste

Paname

Ich hatte schon vor längerem versprochen, dass ich etwas über die kürzlich neu eröffnete Bar Paname schreiben würde.

Das Wort Paname ist etymologisch sehr ungenau. Es bedeutet umgangssprachlich ‘Paris’, es hat aber auch mit dem Panama Hut zu tun. Historisch ist nicht genau nachzuverfolgen wann und wie das Wort genau entstand. Es wurde erstmals konkret in einem Lied von Albert Dauzat erwähnt. Tu le r’verras, Paname ! ist ein Lied von 1916/1917.

Dass ich so lange dafür gebraucht habe um etwas zu schreiben, kommt wahrscheinlich daher, dass ich meistens nicht alleine dort war, und mich nie still in eine Ecke sitzen, und die Gäste und das Personal beobachten konnte. Das war gestern der Fall. Ich bin regelmäßig hier, weil es keine 2 Minuten von meiner Wohnung entfernt liegt.

Es war eine kühle aber nicht kalte Nacht. Ich saß draußen auf der Terrasse und las den New Yorker.

Den Besitzer Gabriel kenne ich schon seit etlichen Jahren. “Als wir hier eröffneten, war mir nicht klar, das es vom ersten Tag so boomen würde”, erzählte er mir vor kurzem. “Wir wollten eine offizielle Eröffnung machen, ich dachte daran alle Freunde und Bekannte einzuladen, aber die hat es gar nicht gebraucht. Das Seltsame ist, es strömen unzählige Gäste hier rein, und ich kenne keinen Einzigen davon.” Dabei ist Gabriel kein Unbekannter.

Und hierbei sollte ich vielleicht etwas vorab erklären. Die Stadt Luxemburg ist radikal in zwei Teile gespalten. Es gibt die Oberstadt (Norden) und das Bahnhofsviertel (Süden). Beide sind durch das Petrustal voneinander getrennt und es ist zugleich eine Art unüberwindliche Grenze für die “Hochwohlgeborenen” der Oberstadt. Dass sich die Grenze immer mitten durch das Herz der Stadt zieht, hat auch einen historischen Hintergrund, den ich hier aber nicht weiter ausführen möchte.  Tatsache ist, dass das Bahnhofviertel einen Ausländeranteil von über 70% hat.

Das bringt mit sich dass die Klientel hier eine andere ist, als in der Oberstadt. Es ist eine Mixtur sie so sehr Querbeet geht, dass sie nicht zu fassen ist. So ist es auch im Paname mit der Kundschaft und dem Personal. Das Personal ist aus so vielen verschiedenen Nationen zusammengesetzt, dass ich selbst noch nicht richtig herausgefunden habe, wie viele Nationen es tatsächlich sind. Englisch funktioniert  als Verständigungssprache sehr gut, französisch etwas weniger.

Der große Erfolg der sich quasi sofort einstellte, war für Gabriel und das Personal eine der größten Herausforderungen. Und ich muss gestehen, dass die ersten paar Male der Service nicht so klappte wie er sollte. Es war ein heilloses Durcheinander und Gabriel war stets bemüht die Scherben aufzusammeln, und sich bei den Gästen zu entschuldigen. Inzwischen klappt der Service aber ganz gut und die Crew ist routinierter als zu Anfang.

Ihre Speisekarte ist klein, aber oho. Es sind kleine Gerichte, ideal für Mittags zwischendurch, oder für Abends gemütlich bei einem Glas Wein, wenn man nicht den Riesenhunger hat.

Apropos Wein. Es ist keine Weinbar. Somit ist die Auswahl auch nicht so riesengroß, doch die Weine die sie anbieten, sind gut. Cocktails sind die Stärke des Paname, vor allem Gin Tonic. Ich habe selten so leckeren Gin Tonic getrunken wie hier.

Als ich gestern Abend in aller Ruhe auf der Terrasse saß, setzte sich später ein älterer Herr an den Nebentisch rechts und bestellte ein Bier. Auf der anderen Seite, gleich neben der Eingangstür, standen ein paar jüngere Frauen, schon leicht beseelt und quietschten vor Lachen. Über was sie lachten, weiß ich nicht. Ich verstand die Sprache nicht und konnte sie auch nicht einordnen. Danach nahmen zwei Männer den Platz an dem Tisch links und unterhielten sich in sehr gebrochenem Englisch.

Es sausten mit lauter Sirene ein Krankenwagen und zwei Feuerwehrautos an uns vorbei. Auf einem Dorf wäre es das Tagesgespräch. Hier hob niemand den Kopf. Nicht einmal das Pärchen nebst Gassihund, das an uns vorbeiging, und sich laut und vehement miteinander stritt. Ich verstand nur ‘stupido’.

Später kam ein Mann mit seinem halbwüchsigen Sohn, die ich vom Aussehen her als Osteuropäer einschätzte. Ich schaute ihnen zu wie sie sich das Lokal ansahen und der Mann an einen Tisch setzte. Sein Sohn schien sich nicht so ganz schlüssig zu sein….

Der Grund ,warum ich hier so ausführlich die Kunden beschreibe ist, dass außer den jungen Frauen, keiner so richtig in diese Bar passte, und doch passten sie alle. Die Attribute Hip, Jung, Reich, Schön treffen hier auf Älter, Bodenständig, Retro.

Und das Tolle daran, es funktioniert hervorragend!

PANAME
50, rue Sainte Zithe
Place de Paris
Luxembourg

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3 Kommentare

  1. Anouk

    Eng nice Review! Ech wollt nach ëmmer dohin, mee sin nach nët dozou komm. Bon, ech wollt dës lescht dohin, mee et war struppevoll, dofir huet et nët geklappt, mee ech muss et onbedingt demnächst auschecken!

    • Joel

      Solle mer net zesummen goen? Da leiere mir eis och endlech mol kennen .

  2. Renée

    hallo joël, ech haat jüst drun geduecht, fir mol rem e blog ze schreiwen an un ween denken ech dann direkt… un dech! hunn schon eng éiwegkeet näischt méi vun dir héiren… ech sinn ganz averstaanen mam anouk, e schéinen interessanten bericht an ech muss dorun denken, dass du mir mol eng kéier gesoot hues, du häss eng “schreibblockade”. daat schéngt jo wirklech net méi de fall ze sinn… och ech wéilt gären eng kéier ee gutt glas wäin dohinner drénke goen… ass jo ganz no bei ménger aarbescht. hoffen, et geht dir gutt! grüsse! renée

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